Als Stimmtrainerin lebe ich mit und von der eigenen Stimme – sie ist das zentrale Werkzeug meines Berufsalltags. Umso ironischer oder eigentlich auch menschlicher ist es, dass auch ich nicht vor einer Erkältung oder Heiserkeit gefeit bin. Doch was tun, wenn die Stimme plötzlich versagt, der Hals kratzt und jeder Ton zur Herausforderung wird?
In diesem Blogartikel erfährst du, warum auch Stimmprofis mal ausfallen, wie wir damit umgehen – und was du als KlientIn erwarten kannst, wenn deine Trainerin heiser ist.
Die Stimme ist ein Körperphänomen – keine Maschine
So viel wir auch trainieren, vorbeugen und auf unsere Stimme achten – sie bleibt ein Teil des Körpers, der auf Stress, Viren, Schlafmangel oder trockene Heizungsluft reagiert. In meinem Fall war es eine Schifffahrt und ich wollte unbedingt oben und draußen sitzen, weil ich frische Luft liebe. Die Jacke war zu dünn, der Wind zu stark und bereits einen Tag später lief mir die Nase.
In der Erkältungssaison sind Halsschmerzen, Heiserkeit oder gar Stimmverlust keine Seltenheit – selbst bei gut trainierten Stimmen.
Der Unterschied? Wir merken es meist sehr früh – manchmal schon an einer leichten Stimmveränderung oder dem Gefühl von „Zug“ im Hals. Dann heißt es: reagieren, bevor es schlimmer wird. Ich habe mir als erstes meinen „Heilungstee“ gekocht: Apfelschalen, Zimt, Nelken und Lorbeeren – alles 15 Minuten köcheln lassen, abseihen und genießen. Wenn ich etwas mehr Süße brauche, nehme ich einen Teelöffel Honig dazu. So habe ich zumindest diesmal schlimmeres verhindert und hatte nur zwei Tage eine laufende Nase und habe einen Tag pausiert und mir Ruhe gegönnt!
Verantwortung statt Verdrängung
Wer mit einer angeschlagenen Stimme weiterarbeitet, riskiert dauerhafte Schäden. Deshalb gehört es zur Professionalität, in solchen Fällen bewusst einen Gang runterzuschalten – oder Trainings rechtzeitig abzusagen bzw. zu verschieben.
Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Fürsorge – für die eigene Stimme und für die Qualität des Trainings. Denn Stimme ist nicht nur Klang, sondern auch Energie, Präsenz und Feinfühligkeit. Und all das leidet, wenn wir krank sind. Mal abgesehen davon will ich ja auch niemanden anstecken!
Was passiert, wenn ich tatsächlich länger ausfalle?
Je nach Schwere der Symptome entscheide ich ob
- Trainings abgesagt oder verschoben werden müssen (vor allem bei 1:1-Stimmcoachings)
- das Training angepasst wird – z. B. mit Fokus auf Theorie, Wahrnehmungsübungen, Artikulation oder Hörschulung
- mehr digitale Tools genutzt werden (z. B. Sprachaufnahmen zur Analyse, Übungen per Videoanleitung, etc.)
Wichtig ist wohl mal wieder die Kommunikation – offen und ehrlich sagen, was möglich ist – und was nicht. So bleibt der gemeinsame Prozess transparent. Dies gilt für beide Seiten! Es geht also umVertrauen. Um Entscheidungen zu treffen im Umgang mit der Situation und in der gemeinsamen Arbeit. Denn auch Pausen haben ihren Wert: Sie bieten Raum, Inhalte zu verarbeiten, Gelerntes zu festigen und sich auf die nächste Einheit zu freuen.
Ich sehe Selbstfürsorge als Teil meines Berufes. Und Stimmpflege gehört für mich zur täglichen Routine: Warm-ups, bewusste Atmung, Körperübungen, ausreichend Flüssigkeit, Pausen, ggf. Inhalieren und viel Stille. Es gehört dazu, auf den Körper zu hören und ihm Zeit zur Regeneration zu geben, wenn er sie braucht. Denn: Eine gesunde Stimme braucht einen gesunden Menschen dahinter. Und manchmal bedeutet das eben auch, nichts zu sagen.
Ich bin nicht unverwundbar, aber ich versuche immer professionell, achtsam und verantwortungsbewusst damit umzugehen. Am Ende geht es doch schließlich um eine klare, gesunde und lebendige Stimme – auf beiden Seiten!